Nach dem Glockenschlag der Reformierten Kirche Tegerfelden begrüsste Sebastian Laube, Präsident der FDP Bezirk Zurzach, um 19 Uhr die auf dem Parkplatz wartenden Gäste. Alle waren gekommen, um von Lukas Baumgartner, Winzer und Önologe, beim angekündigten Spaziergang durch den Rebberg mehr über den Rebbau und das Rebjahr 2024 zu erfahren, aber auch um die Kandidierenden der FDP für die Grossratswahlen vom 20. Oktober persönlich kennen zu lernen.
Familienweingut mit 3 Generationen
Lukas und Sandra Baumgartner führen das Weingut in Tegerfelden seit 2002 in 2. Generation. Die 3. Generation steht bereits in den Startlöchern. Das Familien-Unternehmen kultiviert in den Rebbergen von Tegerfelden, Goldwand/Ennetbaden, Lengnau, Endingen und Klingnau mehr als 15 Traubensorten. Auf der über einstündigen Wanderung durch den Rebberg von Tegerfelden zeigte Lukas Baumgartner verschiedenen Traubensorten, informierte über den gegenwärtigen Zustand der Reben, sprach über die Probleme bei der Bewirtschaftung, die Herausforderungen beim Pflanzenschutz und die ökologischen Anstrengungen mit dem Ziel einer nachhaltigen Bewirtschaftung.
Ein schwieriges Jahr
Das Jahr 2024 sei ein schwieriges Jahr. Anfangs April war es sehr warm. Die Pflanzen begannen zu früh zu wachsen. Ende April wurde es kalt und es kam zu Frostschäden. Der Mai war eher nass und kühl. Die Pflanzen wuchsen langsam. Der Befall von Schädlingen und die Ausbreitung von Pilzkrankheiten wurde begünstigt. Während dem Blust, anfangs Juni, führte das nasskalte Wetter zu weiteren Schädigungen.
Pilzkrankheit aus Amerika
Bis Mitte Juli folgten häufig feuchten Tage, Diese begünstigten die Bildung von falschem Mehltau, eine Krankheit, welche vor über 100 Jahren aus Amerika importiert wurde. An den Rebstöcken waren die Schäden denn auch deutlich sichtbar. Der Mehltau muss vorbeugend behandelt werden. Einmal befallene Pflanzen sterben ab und können nicht mehr gerettet werden, erklärte Baumgartner. Als Folge der schwierigen klimatischen Bedingungen werde 2024 lediglich eine halbe Ernte erwartet.
Dilemma beim Pflanzenschutz
Bis zur Blüte werde konventionell gespritzt, anschliessend bis zur Ernte mit einem Bioprogramm. Beim Einsatz biologischer Mittel gebe es aber auch ein Dilemma. Kupfer beispielsweise sei ein Schwermetall, das sich im Boden anreichere. Das Bioprogramm brauche mehr Spritzvorgänge und führe zu höherem Kraftstoffverbrauch und einer stärkeren Bodenverdichtung. Nur einen einzelnen Aspekt zu betrachten und daraus zu folgern, dies sei das Beste, sei deshalb zu einfach, gab Baumgartner zu bedenken. Das Thema sei komplex, eine korrekte Gesamtbilanz betreffend Nutzen für die Umwelt zu erstellen deshalb schwierig.
Pilzresistente Sorten
Um den Pilzkrankheiten vorzubeugen werden heute sogenannte PIWI-Sorten angepflanzt. Auf der Wanderung gab es verschiedenen Parzellen mit solchen Sorten zu sehen. Dank des fortgeschrittenen Reifegrades konnten die Trauben auch gekostet werden. Den Geschmack der Konsumentinnen und Konsumenten wurde aber bisher erst mit den aus weissen Sorten gekelterten Weine getroffen. Bei den blauen PIWI-Trauben ist dies noch nicht der Fall.
Umweltgerecht produzieren
Das Weingut Baumgartner produziert nach dem Label Fair'n Green. Dieses Label ist ein ganzheitliches System, das nebst Umweltkriterien auch den effizienten Ressourceneinsatz, das gesellschaftliches Engagement, den respektvollen Umgang mit den Mitarbeitenden sowie faire Löhne in die Beurteilung mit einbezieht. Im Rebberg wird mit verschiedenen Elementen wie Hecken, Stein- und Wurzelhaufen, aber auch mit alternierendem Mähen (nur jede zweite Reihe) die Natur vernetzt und die Biodiversität gefördert. Auf Herbizide soll verzichtet werden. Baumgartner verwies aber auch auf die Nachteile dieser Bewirtschaftungsform. Es gelte immer Vor- und Nachteile abzuwägen und das Beste zu wählen. Dazu brauche es Erfahrung.
Qualität und Genussmomente
Nach der Wanderung stellte Sebastian Laube dem Gastgeber, Lukas Baumgartner, verschiedene Fragen zum Werdegang und der Unternehmensphilosophie. Vertieft wurden auch die auf der Wanderung bereits angesprochen Fragen. Nebst der Klimaerwärmung, welche im Rebbau durchaus auch positive Seiten hat, sieht Baumgartner eine grosse Herausforderung bei der Bekämpfung der vom Ausland eingeschleppten invasiven Pflanzen und Schädlinge (Neophyten, japanische Kirschessigfliege oder asiatischer Marienkäfer). Eine weitere Herausforderung sei der Preiskampf. Solange „Fasswein“ für 60 Cent pro Liter importiert werden könne, sei ein kostendeckender Erlös für Schweizer Weine einzig über die Merkmale Qualität und Mehrwert für den Käufer möglich.
Wunsch nach freier Marktwirtschaft
Zur Sprache kam auch die Biodiversitäts-Initiative, über welche am 22. September abgestimmt wird. Baumgartner plädiert klar für ein Nein. Bei der Diskussion werde immer nur der Einfluss des Co2 betrachtet. Ob dies der alleinige Faktor sei, bezweifelt Baumgartner aufgrund seiner Erfahrung. Auf die Frage nach seinem Wunsch an die Politik, antwortete er mit „eine freie Marktwirtschaft“.
Unterwegs im Zurzibiet
Die Abendwanderung im Rebberg galt als Auftakt zu einer Serie von Anlässen unter dem Motto „unterwegs im Zurzibiet“. Grossratskandidatin Claudia Hauser stellte das Programm mit den neun weiteren Anlässen vor. Als nächster steht am 13. September, abends, eine Führung im Festungsmuseum Reuenthal mit anschliessendem grillieren auf dem Programm. Die Daten der weitern Anlässe sind auf dieser Website ersichtlich