Dialog und Toleranz fördern
Auf dem Dorfplatz begrüsste Sebastian Laube, Bezirksparteipräsident und Grossratskandidat, Besucherführerin Erika Clarisse. Gleich zu Beginn ihrer Ausführungen kam sie auf das Projekt Doppeltür zu sprechen. In unmittelbarer Nähe zum Dorfplatz soll ein ehemaliges Doppeltürhaus zu einem Museum und Begegnungszentrum umgebaut werden. Der Baustart wird Mitte 2025 erwartet, die Eröffnung Ende 2026. Träger des Projektes ist der Verein Doppeltür. Ziel des Vereins ist es, Einblicke in die aussergewöhnliche Geschichte des Surbtals im Zusammenhang mit der jüdischen Kultur und Religion zu ermöglichen und den Dialog und die Toleranz zu fördern. Für detaillierte Informationen verwies die Besucherführerin auf die Website www.doppeltuer.ch.
Rütli der Schweiz
Endingen und Lengnau würde heute sehr oft als Rütli der Schweizer-Juden bezeichnet, sagte Erika Clarisse. Zum besseren Verständnis gab sie einen kurzen Einblick in die Geschichte der Juden in der Schweiz. 1415 verbannte das Konzil in Konstanz die Juden aus den Städten, welche man bis dahin dorthin geholt hat. So siedelten sie sich in verschieden Dörfern der Schweiz an, unter anderem auch in Koblenz. Die Juden durften kein Handwerk ausüben, kein Land kaufen, keine Häuser bauen oder als Bauern tätig sein. Ihnen blieb einzig der Handel mit Waren und Tieren. Bis ins 19. Jahrhundert waren Endingen und Lengnau die einzigen Orte in der alten Eidgenossenschaft, wo sich Jüdinnen und Juden niederlassen durften. In Lengnau urkundlich erwähnt ist die erst jüdische Familie 1622. 30 Jahre später waren es bereits 20. Heute sind es nur noch ganz wenige.
Idealer Ort für Händler
Die Orte Lengnau und Endingen wurden ausgewählt, weil sie für Handelstätigkeiten optimal zwischen der Bäderstadt Baden und dem Messeort Zurzach lagen. Im Verlauf der Geschichte gab es aber mehrere Versuche, die Juden im Dorf wieder loszuwerden. Am Ende des 19. Jahrhunderts förderte sogar die Gemeinde Lengnau die Auswanderung nach Amerika, so auch die der armutsbetroffenen Familie Guggenheim. In Amerika wurde dann innerhalb von 50 Jahren Solomon Robert Guggenheim zur reichsten Familie der USA. Solomaon R. Guggenheim ist auch Begründer des weltbekannten Guggenheim-Museums in Bilbao und stiftete 1903 auch zu grossen Teilen das israelitische Altersasyl in Lengnau.
Einfluss der Religion
Den jüdischen Familien war Grundbesitz verwehrt. Dank ihrer Handelstätigkeit waren sie aber vielfach Wohlhabend. Aus religiösen Gründen durften Juden und Christen nicht im gleichen Haus leben. Um dieses Gesetz einzuhalten, entstand die einzigartige Architektur der Doppeltür, zwei getrennte Wohneinheiten mit separaten Eingängen innerhalb eines Gebäudekomplexes. Die Doppeltür wurde so zu einem Sinnbild für das Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft. Auf dem Rundgang machte die Besucherführerin auf bauliche Unterschiede und Besonderheiten wie das Mezuza aufmerksam. Vielen der Doppeltürhäuser sind heute verschwunden, so auch das Haus der ehemaligen Challa-Bäckerei.
Bildung und Hygiene
Einen hohen Stellenwert in der jüdischen Gesellschaft geniesst die Bildung. Nicht umsonst sind 17 Prozent aller Nobelpreisträger jüdischer Abstammung, wusste die Besucherführerin zu berichten. Den Juden wichtig sei aber auch ein schönes Schulhaus, wie das alte Schulhaus in Lengnau auch beweisst. Ebenfalls einen hohen Stellenwert hatte bereits im Mittealter die Hygiene. Zeuge davon ist das Mikwe, ein Tauchbad, das jüdischen Frauen und Männern zur rituellen und geistigen Reinigung des Körpers diente. Die Hygiene dürfte auch ein Grund gewesen sein, dass Juden oftmals von der Pest verschont blieben. 2009 wurde das Gebäude, welches früher als Frauenbad diente und später als Schopf benutzt wurde, restauriert. Auf dem Rundgang erhielten alle einen Einblick in das Badhaus. Erika Clarisse erläuterte das Ritual der Reinigung bei Frauen und Männern aber auch von Gegenständen wie Kochgeschirr.
Blick in die Synagoge
Am Ende des Dorfrundganges gab es einen Blick in die 1847 von einem christlichen Architekten erbaute Synagoge. Das Aussehen im Innern erinnert an ein christliches Gotteshaus. Der Raum ist sehr schlicht gehalten. Es fehlen Bilder und Fresken. Geschmückt ist der Raum dafür mit maurischen Ornamenten. Informationen gab die Besucherführerin auch zu den speziellen Kronleuchtern, welche im Zusammenhang mit dem Lichterfest Chanukka stehen. In der Synagoge klar geregelt ist die Sitzordnung, unten die Männer, oben auf der Empore die Frauen. Die Synagoge in Lengnau wird heute lediglich noch für Ausstellungen und Konzerte benutzt.
Aus zeitlichen Gründen konnte der jüdische Friedhof zwischen Endingen und Lengnau nicht besucht werden. Die Besucherführerin empfahl jedoch, bei Gelegenheit hinzugehen. Interessant sei die Beschriftung der Grabtafeln.
Enorm viel Freiwilligenarbeit
Nach dem Rundgang bedankte sich Claudia Hauser für die interessanten Führung. Rückblickend auf die 10 Anlässe zog sie eine positive Bilanz. Man habe zeigen können, was das Zurzibiet alles zu bieten habe. All diese Orte würden nur dank enorm grosser Freiwilligenarbeit überleben. Mit den Veranstaltungen sei es auch gelungen, die Werte der FDP zu transportieren. Im Hinblick auf den Wahlsonntag appellierte sie an alle, in den verbleibenden Tagen noch möglichst viele Leute zu motivieren, die Liste 3 einzuwerfen und Stephan Attiger als Regierungsrat zu wählen.
Teilnehmer-Wettbewerb aufgelöst
An allen 10 Veranstaltungen konnten die Teilnehmenden einen Namenszettel in eine Urne werfen. Am Mittwochabend lagen 120 Zettel darin. Daraus wurden drei Gewinner für einen Besuch in Bern mit Besichtigung des Bundeshauses inklusive Mittagessen mit Thierry Burkart, drei Gewinner für einen Besuch in Aarau mit Besichtigung des Grossrats- und Regierungsratsgebäudes inklusive Mittagessen mit Regierungsrat Stephan Attiger und Grossrätin Claudia Hauser, drei Gewinner von einem Geschenkkorb mit lokalen Produkten und fünf Gewinner eines Glases Bienenhonig gezogen. Einige Gewinner waren anwesend, die anderen werden persönlich informiert.