Parteitag empfiehlt Ja zur "Ehe für alle" und Nein zur 99%-Initiative.

Die Freisinnigen des Kantons Aargau fassten in Kleindöttingen klare Parolen zu den Abstimmungsvorlagen vom 26. September.

(ef) Am Donnerstagabend trafen sich im Kulturhaus Rain in Kleindöttingen die Freisinnigen des Kantons Aargau zum ersten physischen Parteitag seit Ausbruch der Pandemie. Gleichzeitig war es auch der erste Parteitag unter Führung der neuen Kantonalpräsidentin, Sabina Freiermuth. Viele mussten sich wegen anderer Verpflichtung entschuldigen, unter ihnen auch Ständerat Thierry Burkart und Regierungsrat Stephan Attiger.

Beim Betreten des Lokals zeigten sich alle Teilnehmenden begeistert von der Architektur und Gestaltung des Raumes. Vize-Ammann Bruno Rigo überbrachte die Grüsse des Gemeinderats und erwähnte dabei auch auf den «best architects award», welcher das Architektenbüro Häfeli erst kürzlich entgegennehmen durfte.

Kein Volk von Kindergärtlern

In letzter Zeit sind unsere Werte Land auf Land ab auf Probe gestellt worden, sagte die Parteipräsidentin in ihrer Eröffnungsansprache. Selbstverständlich habe die Pandemie uns teilweise unsere Grundrechte geraubt und viele unsere Freiheiten weggenommen. Im Grossen und Ganzen sei die Bevölkerung mit den auferlegten Massnahmen verantwortungsvoll umgegangen. Für die neuen Massnahmen des Bundesrates zeigt Freiermuth ein gewisses Verständnis. Der Weg aus der Pandemie führe nur über die Impfung und über das Testen. Jeder und Jede sei frei beim Impfentscheid. Wer aber mehr Freiheiten fordere, müsse auch seine Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft wahrnehmen. Auch wollen wir kein Volk von Kindergärtlern sein, die gehätschelt, belohnt, bestraft und bevormundet werden müssen.

SP muss sich bewegen

In den weiteren Ausführungen, kam sie auf das abgelehnte CO2-Gesetz zu sprechen. Das Volk habe nicht Nein gesagt, weil es keine CO2-Reduktion wolle oder es zu teuer gewesen wäre, sondern weil es nicht überzeugt war, dass der ausgegebene Franken gezielt und wirkungsvoll eingesetzt worden wäre. Die FDP sei zu Unrecht zum Sündenbock gemacht worden. Die SP müsse sich endlich bewegen, das gelte auch bei der Altersvorsorge. Die FDP sei die einzige Partei der Vernunft und die einzige Partei, welche eine liberale Gesellschaft und eine liberale Wirtschaft anstrebe.  Als Randnotiz erwähnte sie das Thema Parteipräsidium der FDP Schweiz. Kritik sollte nicht öffentlich angebracht, sondern interne diskutiert werden. Gräben sollten zugeschüttet und nicht neue geöffnet werden.

Klares Ja zur «Ehe für alle»

Nationalrätin Maja Riniker präsentierte die Vorlage zur Ehe für alle. Mit dem neuen Gesetz soll die Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare möglich werden. Für die Nationalrätin ist die Vorlage längst überfällig. Es sei nicht Aufgabe des Staates, festzulegen welche Form des Zusammenlebens richtig sei. Mit dem neuen Gesetz wird eine Adoption für gleichgeschlechtliche Paare möglich und Kinder können von Geburt an zwei Elternteile haben. Damit wären Kinder beim Tod eines Elternteiles erbrechtlich gleich abgesichert, wie Kinder heterosexueller Paare, ein für Maja Riniker wichtiges Argument. Unterstützt wird auch die Samenspende. Dieser Artikel war den auch der Auslöser für das Referendum. Heute könnten lesbische Paare ihren Kinderwunsch nicht auf legalem Weg erfüllen. Mit der Gesetzesvorlage werde dies ein legaler Akt. Auch damit werde die rechtliche Sicherheit für das Kind erhöht. In der anschliessenden Podiumsdiskussion bekam die Referentin Unterstützung vom Jungfreisinnigen Fabian Grepper. Er, wie einige Votanten aus dem Publikum, plädierte für eine Annahme. In der Diskussion wurde auch das Argument der Einwilligung zur Leihmutterschaft nach Annahme der Gesetzesänderung entkräftet. So einfach sei dies nicht, bestätigte Maja Riniker. Dazu brauche es eine Volksinitiative. Mit lediglich 2 Gegenstimmen fassten die Anwesenden die Ja-Parole.       

Höhere Steuern – mehr Umverteilung

Zur zweiten Vorlage des Abends, der 99%-Initiative, sprach Grossrat Stefan Huwiler. Die Initiative will Kapitaleinkommen stärker besteuern und mit dem Ertrag Einkommen tieferer Löhne entlasten, oder wie Huwiler es nannte: «Höhere Steuern für mehr Umverteilung». Die Vorlage sei eine finanzielle Black-Box und schade insbesondere dem Mittelstand. Ab einem bestimmten Betrag, die Rede ist von 100'000 Franken, würden 150% Steuern fällig. Zu den Kapitalerträgen zählten Mietzinseinnahmen, Dividenden, Kapitalgewinne (z.B. Grundstückgewinnsteuer), Bankzinsen jeglicher Art usw. Betroffen wären nicht nur das eine Prozent der Reichen, sondern Kleinsparer, Immobilienbesitzer, Star-up-Unternehmen, KMU und Familienbetriebe. Mit der Steuererhöhung würde die Nachfolgeregelung erschwert, was Arbeitsplätze gefährden könnte. Diesem sozialistischen Ansinnen müsse die rote Karte gezeigt werden. Ein Diskussionsbedarf bestand nicht. Einstimmig und ohne Enthaltung wurde die Nein-Parole beschlossen.     

Fonds-Bericht und Ehrungen

Nach den beiden Haupttraktanden präsentierte Finanzchefin, Claudia Hauser den Rechenschaftsbericht des Rudolf Rohr-Fonds. Verabschiedet und für ihre grosse Arbeit und den immensen Einsatz für die Partei geehrt wurden Antoinette Eckert und Lukas Pfisterer. Beiden wurde von der neuen Parteipräsidentin ein Präsent überreicht. Beim anschliessenden, von der Bezirkspartei offerierten Apéro, liessen die Teilnehmenden den Parteitag unter freiem Himmel gemütlich ausklingen.