Einladung zur Besichtigung der Grossbaustelle stiess auf unerwartet grosses Interesse.

Zur Besichtigung der Grossbaustelle «Ostumfahrung Bad Zurzach» rechnete die Bezirkspartei am Samstagmorgen wegen des regnerischen Wetters mit lediglich 20 Interessierten. Doch es kamen 70!

(ef) Vom grossen Publikumsaufmarsch zur Besichtigung der Baustelle Ostumfahrung überrascht wurden am Samstagmorgen die Organisatoren der FDP. Siebzig Personen, rund dreimal mehr als erwartet, folgten der Einladung zur Besichtigung der grössten Baustelle im Bezirk. Ausgerüstet mit Regenjacken, Schirm und gutem Schuhwerk, standen sie um 10 Uhr vor der blauen Baracke. Für eine fachkundiger Führung standen Guido Sutter, Projektleiter seitens des Kantons, Gerhard Hauser, Verantwortlicher seitens der Baufirma und Mäni Moser, Gemeinderat Bad Zurzach bereit. Während der rund eineinhalbstündigen Führung konnten sich die Teilnehmenden ein Bild der imposanten Baustelle machen und erfuhren interessante Details zum Bau der schon lange gewünschten Umfahrungsstrasse. Nach der Führung offerierte die Ortspartei allen Teilnehmenden Tranksame und Wurst. Zudem bestand die Möglichkeit, vor dem entscheidenden Wahltag vom kommenden Sonntag, mit den anwesenden FDP Grossratskandidatinnen und Kandidaten nochmals persönlich zu sprechen.

Schwieriger Baugrund

Die Ostumfahrung von Bad Zurzach lenkt den Nord-Südverkehr östlich um den Ortskern. Dazu wird eine neue, zweispurigen, 7.5 Meter breite Strasse gebaut, über welche dereinst rund 8'500 Fahrzeuge pro Tag fahren werden. Zu Fuss ging es vom Südportal entlang der Baugrube bis zum Nordportal. Die Trasseeführung der ersten 120 Meter verläuft im Hang und ist offen. Der Baugrund besteht zur Hauptsache aus sogenanntem Gehängelehm, einer sehr rutschigen Lehmart. Dementsprechend aufwändig sind die erforderlichen Hangsicherungsmassnahmen. Dazu nötig sind 143 Betonpfählen von einem Meter Durchmesser und umfangreiche Verankerungen. Bereits im ersten Teil bekamen die Teilnehmenden einen Eindruck der komplexen Baustellenlogistik. Die auf der ganzen Länge engen Platzverhältnisse ermöglichen keine seitlichen Zugänge. Der An – und Abtransport des Baumaterials erfolgt ausschliesslich in Längsrichtung.

Interessante Tunnelbauweise

Nach den ersten 120 Metern folgt ein 530 Meter langer Tunnel. Auf der ganzen Länge wird im Tagebau die Erde bis auf die Höhe der Tunneldecke abgetragen, anschliessend seitlich für die Tunnelwände 1143 Löcher gebohrt und in diese Betonpfähle eingesetzt. Im nächsten Schritt wird etappenweise direkt auf den Baugrund die Tunneldecke betoniert. Sobald die Decke trocken ist, erfolgt unter Tag der Aushub der Tunnelröhre. Dieses Verfahren ist zwar aufwändiger, führt aber zu geringeren Emissionen für die Anwohner der angrenzenden Wohnquartiere, beansprucht seitlich weniger Platz und erfordert keine zusätzlichen Wandsicherungsmassnahmen. Die Führung bot einen Einblick in die verschiedenen Bauphasen, vom Aushub über die Pfählung, die Vorbereitung und Betonierung der Tunneldecke bis zum Aushub der Tunnelröhre. Eindruck machten die verwendeten Geräte und die für den Einbau vorbereiteten Elemente. Deutlich sichtbar wurde auch der schwierige Baugrund.  

Bisher keine Überraschungen

Für das Bauwerk wurden 75 Millionen Franken bewilligt. Gemäss Guido Sutter liegt man derzeit innerhalb des Kredites. Überraschungen blieben bisher aus. Der Baugrund entspricht den Erwartungen. Er besteht grösstenteils aus Lehm. Im Tunnelbereich stösst man in tieferen Lagen auf Opalinuston und Kies. Fels ist keiner zu durchdringen. Ein Teil des Kieses wird zum Hinterfüllen wiederverwendet. Die Aushubmenge beträgt rund 90'000 m3. Der grösste Teil wird in die Deponie Mellikon geführt. Als bisheriges Highlight bezeichnete Guido Sutter den Einbau der 200 Tonnen schweren Elemente für die neue SBB Brücke. Anerkennung zollte er den Anwohnern im Gebiet Neuberg. Es sei schon heftig, was diese Leute im Zusammenhang mit dem Bau seit dem Frühjahr erdulden mussten.        

Umfangreiche Sicherheitstechnik

Zwei Besonderheiten zeichnen den Tunnel aus. Einerseits die Kurve und andererseits die Steigung von 10 Prozent. Für die Sicherheit werden umfangreiche Massnahmen getroffen. Dazu gehören fünf Notausgänge, Brandschutzdetektion, batteriegestützte Notbeleuchtung, Überwachungskameras, Tunnelfunk, eine neuartige Lautsprecheranlage und Strahlventilatoren für die Entlüftung in einem Ereignisfall. Spezielle Vorkehrungen werden auch zum Sammeln des Tunnelwassers getroffen. Die Zentrale für die Technik steht im Gebiet Neuberg. Mit umfangreiche Lärmschutzmassnahmen und einer Lärmschutzwand im Bereich der offenen Strassenführung dienen dem Schutz der Anwohner.

Details zur Baugeschichte

Erste Pläne für eine Umfahrung wurden bereits in den 60-er mit einer West-, Ost- und Nordumfahrung geschmiedet. 1980 wurde im Zuge der Realisierung der Nordumfahrung eine Studie für eine Ostumfahrung in Auftrag gegeben. 1992 lag ein Bericht mit verschiedenen Varianten vor. 2011 hat der Grosse Rat die Ostumfahrung als Festsetzung in den Richtplan aufgenommen und 2013 den Kredit genehmigt.  Es folgte ein längeres Ringen um die optimale Strassenführung. Projektanpassungen und ein Zusatzkredit waren nötig. 2018 erhielt das Projekt definitiv grünes Licht. Am 10. Januar 2020 erfolgte der Spatenstich. Dank der weitsichtigen Planung mussten für die neue Strassenführung keine Häuser abgerissen werden.

Arbeiten im Zeitplan

Auf der Baustelle arbeiten derzeit rund 50 Leute. Mit den Arbeiten liegt man auf Kurs. Corona verzögerte die Arbeiten nur unwesentlich. Notwendig wurden aber verschiedene organisatorische Massnahmen wie zusätzliche Sanitär- und Aufenthalts-Container sowie der Einsatz von zusätzlichen Mannschaftsfahrzeugen. Die Baumeisterarbeiten sollten bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Anschliessend wird die Tunneltechnik eingebaut. Die Eröffnung ist auf Mitte 2023 geplant.